Biografische Zugänge

1. Bildbetrachtungen
Bildkarteien können von der/dem Unterrichtenden zu verschiedenen Themen angelegt werden, bzw. die Teilnehmenden können selber z. B. Fotos/ Bilder mitbringen, die ihnen besonders wichtig sind (dabei ist zu beachten, dass oft gerade im Alphabetisierungsbereich mit „Migrant_innen“ Themen, die vollkommen neutral erscheinen, mit einer hochgradigen Traumatisierung verbunden sein können).
Bilder können ein Anstoß für eine Sprech- oder Schreibaktivität (z. B. freies Schreiben) sein.
Sie können auch in Gruppenarbeit erörtert werden – diejenigen, die sich dasselbe Bild ausgesucht haben, unterhalten sich darüber, warum sie auch dieses gewählt haben und versuchen sich an einer Deutung des Bildes.

2. Biografisches Kennenlernen
Kennenlernmethode, die Erzählen anregen, aber bei der jede/r selbst entscheiden kann, wie viel er/sie von sich mitteilt:

  • Der eigene Name: In Vierergruppen nennen alle ihre Vor- und Nachnamen und teilen mit, was sie mit ihrem Namen verbinden, was er über ihre Identität aussagt.
  • Kindheitsalphabet: Spontan zu allen Buchstaben ein Wort aus der Kindheit nennen (ein Ereignis, eine Person, ein Haustier, eine Tätigkeit, ein Ort), z.B. A – Ankara, B – Bruder. Liste zu Zweit oder in Kleingruppe auswerten: Überwiegen Begriffe? Welche Gefühle sind damit verbunden? Denkbar, z.B. in einer Schreibwerkstatt, dass Teilnehmende über einen ihrer Begriffe eine kurze Geschichte schreiben. Für viele gibt es in bestimmten Lebensphasen Schlüsselbegriffe, z. B. eine Krankheit, ein Urlaubsort, Geburt eines Kindes etc.
  • Wohnbiographie: Wo habe ich im Lauf meines Lebens gewohnt?
    Wo habe ich gerne, wo ungern gewohnt?
    Was war politisch und kulturell damals von Bedeutung?
    Wo möchte ich gerne wohnen?
  • Lernbiographie: Von wem habe ich im Laufe meines Lebens gelernt? Wo habe ich im Laufe meines Lebens gelernt?
    Wo habe ich gerne, wo nicht gerne gelernt?
    Was hätte ich gerne mehr gelernt?
    Was möchte ich noch gerne alles lernen?
    Wer/Was hilft mir dabei? Wer/Was steht mir im Weg?
3. Themenzentrierte Interviews
Methode, um themenbezogene biografische Erfahrungen zur Sprache zu bringen: guided autobiography. Teilnehmende befragen sich gegenseitig nach ihren lebensgeschichtlichen Erlebnissen und Einstellungen zu einem bestimmten, in dieser Hinsicht relevanten Thema.
Die Aufarbeitung der eigenen Lebensgeschichte – bis zu einem bestimmten Grade, der selbst bestimmt ist – ist dabei das Lernziel, um für die Zukunft neue Lebensmöglichkeiten zu entdecken. Erwachsenen können so ihrem „noch nicht gelebten Leben“ auf die Spur kommen.
Leitfragen, nicht direktive Fragen, mit Bitte um Erläuterung und Verzicht auf eine Bewertung sind hierbei von Bedeutung. Zum Beispiel:
  • Wann bin ich zum ersten Mal mit Ungerechtigkeit konfrontiert worden?
  • Wann bin ich zum ersten Mal mit „Fremden“ in Kontakt gekommen, wie hat sich mein Verhältnis zum „Fremden“ verändert (interkulturelle Sozialisation)?
  • Wann habe ich zum ersten Mal bewusst Krankheit erlebt? Was bedeutet Gesundheit für mich?

Gesprächspartner_innen sind dabei „Produzent_innen“ lebensweltlichen Wissens. Vielfach wird implizites Wissen angewendet. Wichtig dabei: Die Gespräche dürfen keinen therapeutischen Charakter annehmen, sondern sind reflexive lebensweltliche Lernprozesse. Dabei findet soziales Lernen durch Perspektivverschränkungen statt. Teilnehmende vergleichen ihre Wirklichkeitskonstruktionen, sie machen produktive Differenzerfahrungen und erweitern das Spektrum ihrer Denk- und Handlungsmöglichkeiten.
Der Gruppe gegenüber sollte von Beginn an deutlich gemacht werden,

  • was der Erkenntnisgewinn der Interviews ist,
  • was diese mit Blick auf das Lernziel des Kurses beitragen,
  • inwieweit biografische Erfahrungen typisch sind: Was ist der größere gemeinsame Nenner? (z. B. keine Schule besucht haben zu können – Strukturen)

Übungen:
Lernkurve
Wer macht welche Arbeit?